Digitalisierung gilt auch bei Immobilien als das Nonplusultra.
Aber was heißt das konkret?
Welche Möglichkeiten und Chancen bietet die Digitalisierung für Immobilien?
Mathias Schatz: Gebäude können besser werden, indem sie die individuellen Bedürfnisse jedes Nutzers berücksichtigen. Facility-Management kann effizienter, der CO2-Ausstoß deutlich reduziert werden. Die Rendite der Immobilienwirtschaft lässt sich steigern, unser Alltag angenehmer gestalten – bis hin zu neuen Mobilitätskonzepten. Aber zunächst brauchen wir ein gemeinschaftliches Verständnis davon, was Digitalisierung im Bereich Real Estate konkret sein kann und sein soll.
Gibt es denn verschiedene Arten der Digitalisierung?
Mathias Schatz: Es gibt verschiedenen Perspektiven darauf und Interessen daran. Je nachdem, mit wem man redet, sind mit Blick auf Digitalisierung die Anforderungen ganz unterschiedlich. Ein Konzern mit großem Immobilienbestand hat einen ganz anderen Anspruch an die Digitalisierung, als etwa ein Projektentwickler. Die verschiedenen Sichtweisen auf das Thema gilt es herauszuarbeiten und zu diskutieren, damit die Beteiligten von denselben Dingen sprechen. Künftige Smart Buildings werden durch Software Updates anders genutzt werden können, andere Mehrwerte für die Nutzer liefern. Durch Digitalisierung lassen sich Asset Management, Property Management, Facility Management optimieren. Diese Möglichkeiten sollten Architekten kennen und die Interessen ihrer Auftraggeber darauf abklopfen.
Welche Auswirkungen hat das auf die Architektur?
Mathias Schatz: Vor allem lassen Smart Buildings sich flexibler nutzen, diese Flexibilität muss aber auch räumlich ermöglicht werden. Wir haben zum Beispiel in Berlin eine Kundin, die solche Möglichkeiten realisieren möchte. Sie hat uns die Anforderungen zugeschoben und gesagt, was alles digitalisiert werden soll, unter anderem ein Buchungssystem für die Büroräume. Neben der dafür nötigen Technik stellt sich die Frage: Wie flexibel gestalten wir die Büroflächen, damit das in der Praxis funktioniert? Architektur muss also Lösungen für neue Formen des modernen Arbeitens anbieten – und für eine Reihe weiterer Aspekte, bei denen Digitalisierung unsere Nutzung von Gebäuden verändert.
Dabei läuft sicher nicht immer alles glatt.
Mathias Schatz: Der Teufel steckt im Detail. Hier in unserem Büro zum Beispiel wollen wir auch ganz analoge Sachen machen, was zunächst völlig unproblematisch klingt. Wir pinnen unsere Pläne hier an diese Wand, die einen magnetischen Anstrich hat. So kann man hier total gute Workshops machen, wird super angenommen. Das Problem ist: Durch diesen magnetischen Anstrich gehen keine Funkstrahlen hindurch. Digitalen Empfang gibt es in diesem Raum nicht. Das hätten wir auch vorher merken können. Das wissen wir jetzt und es wird uns nicht mehr passieren. Ein anderes Beispiel: Aus Sicherheitsgründen hatten wir ein Gebäude sehr gut abgeschirmt. Die darin genutzten Smartphones haben permanent versucht, zum Netzanbieter eine Verbindung herzustellen. Dadurch wurde das Funksignal überlagert, sodass die ganzen Funktaster nicht mehr gingen. Das hat man dann nur durch eine Frequenzanalyse herausgefunden. Die Lösung war, das Mobilfunknetz im Haus nachzuinstallieren.
Smart Buildings sind noch nicht ausgereift
Vorhersehen lassen sich solche technischen Tücken wohl kaum.
Mathias Schatz: Wir entwickeln uns mit jedem Projekt weiter, wie bei der Entwicklung einer Software. Beim Bauen sehen wir, was funktioniert und was nicht. Wir machen dabei schon mal einen Fehler, den machen wir das nächste Mal nicht mehr. Wir testen die Themen. Die Entwicklung ist sehr schnell. Wenn wir uns das Projekt „Cube“ : Das ist ein Prototyp. Wir testen vor der Eröffnung, ob er funktioniert. Da sind Neuentwicklungen verbaut, die es woanders so noch nicht gibt. Das wird in den nächsten Jahren das Nonplusultra sein. Aber das nächste Projekt, das wir umsetzen, lernt schon wieder von den Themen, die wir dort vielleicht falsch realisiert haben, nicht beachtet haben, anders machen würden. So kommt ein Projekt zum nächsten. Nach „Cube“ kommt „Ship“ , dann kommt das Quartier in Berlin. Das ist ein Entwicklungsprozess, man muss im Vorfeld immer schon ein bisschen Nachjustierung einplanen.
Was müssen Architekten über die technische Seite von Smart Buildings wissen?
Mathias Schatz:Viele Bauherr wollen via BIM vielleicht schon vorher durchs Gebäude gehen, fragen nach einem ein 3D-Modell, wollen ihren Mitarbeitern durch Augmented Reality zeigen, wo sie in Zukunft arbeiten, wie das aussehen könnte. Zu solch einem frühen Zeitpunkt sind Architekten mit ihrer digitalen Kompetenz schon heute sehr stark gefragt. Was hingegen den späteren Betrieb angeht, wie später jemand seine App bedient, da sind sie ziemlich raus..
Da müssen die erforderlichen IT-Räume eingeplant werden, viel mehr braucht es aber dank Funktechnik nicht. Das Installieren von Sensoren ist nicht zu vergleichen mit einem Lüftungskanal, teilweise müssen nicht mal mehr Kabel gezogen werden, da tut es ein WLAN-Spot an der Wand. Thema sind Sensoren und Schalter dann noch im Zusammenspiel mit Ästhetik und Design: Wo kommen die hin, wie sehen die aus? Architekten sollten bei Smart Buildings ihr Hauptaugenmerk auf andere Bereiche als die technischen Details digitaler Technik legen.
Wo liegen die großen Herausforderungen für Architekten bei der Digitalisierung?
Mathias Schatz: Das fängt bei der Datenschutzgrundverordnung an.
Smart Buildings sammeln Daten – auch die ihrer Nutzer. Aber wer weiß, in welchem Umfang und in welcher Weise das legal ist? Ich glaube, da herrscht noch großes Unwissen in der ganzen Real-Estate-Branche. Hierfür braucht es Weiterbildungsangebote. Deshalb haben wir in Aachen jetzt, gemeinsam mit der International Academy für Real-Estate-Manager, einen Studiengang initiiert. Auch in Sachen Sicherheit ist Know-how gefragt: Was heißt bei Funknetzen Cyber Security? Mit Blick darauf haben wir so eine Art White Paper entwickelt, was möglicherweise auch BSI-Standard wird. Unsere neuen Gebäude sind schon wesentlicher sicherer als die alten, weil die alten überhaupt keine Standardisierung haben. Wir reden dabei übrigens nicht nur über Neubauten, wir reden vor allem über einen gigantischen Bestand, er in Zukunft Schritt für Schritt digitalisiert wird.
Welche Aufgaben übernimmt Bense Immobilien dabei für Bauherren und inwieweit sind Architekten dabei involviert?
Mathias Schatz: Architekten holen wir bei unseren Projekten schon sehr früh ins Thema rein. Wir kommunizieren mit ihnen, welche Anwendungen geplant sind, welche Technik sich wie integrieren lässt, wie flexibel das alles sein muss. Als Planungsunternehmen müssen wir wissen, wie ein Gebäude funktioniert beziehungsweise funktionieren soll. Dafür benötigen wir Daten, die uns Orientierung geben, die zum Beispiel das Nutzerverhalten darstellen. Wenn wir etwa eine Gebäudekonstellation entwickeln: Soll die starr von morgens um sechs bis abends um sieben Uhr getaktet sein? Kommen Mitarbeiter früher oder gehen einige später? So etwas müssen wir wissen. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz können wir aus solchen Daten Profile für das Gebäude erstellen. Dafür haben wir Data Analytics integriert: Ein Team sammelt und analysiert die Daten aus den intelligenten Gebäuden, strukturiert sie und überlegt dann, was das für Konsequenzen haben kann. Nun geht es mit den Nutzern in die Diskussion: Müssen wir das Gebäude möglicherweise anders betreiben? Müssen unsere Schaltprogramme nicht anders laufen? Auf Basis dieser Ergebnisse können wir mit jedem weiteren Projekt wieder bessere Gebäude bauen. Mit diesem Know-how können auch Architekten ganz anders an die Planung eines Gebäudes herangehen, weil sie viel genauer wissen, wie das Gebäude von wem, wann und in welchem Umfang genutzt wird.
Smart Buildings kosten mehr aber rechnen sich
Welche Mehrkosten bringt der Bau solch einer Immobilie mit sich?
Mathias Schatz: Zwischen 2,5 und fünf Prozent der gesamten Bausumme sollte man für die Investition in Digitalisierung kalkulieren. Damit steigen die Renditeerwartungen zwar auf ein neues Niveau. Vor dem Hintergrund, dass wir den letzten Jahren Preissteigerungsraten von sechs Prozent und leicht darüber verzeichnen konnten, rechnen sich solche Investitionen aber. Hinzu kommen noch die Gewinne durch optimierte Effizienz.
Welches Potenzial setzt die Digitalisierung für den Betreib und die Bewirtschaftung von Immobilien ganz konkret frei?
Mathias Schatz: Unternehmen, die sich damit auseinandersetzen, die 500 oder 600 Immobilien bewirtschaften, haben schnell Mieteinnahmen im Jahr um die zwei Milliarden Euro. Davon gehen aber rund neun Prozent an Ausgaben ab allein für Asset-, Property-, Facility-Management. Da schlummert also ein enormes Einsparpotenzial, das durch Digitalisierung ausgeschöpft werden kann. Dazu kommen weitere neue Möglichkeiten: Wie finde ich künftig angesichts des Fachkräftemangels die besten Mitarbeiter? Sie erfreuen sich vielleicht auch an der schicken Architektur ihres Arbeitsplatzes, sind aber vor allem an praktischem Mehrwert der Immobilie interessiert.
Welcher Mehrwert kann das sein?
Mathias Schatz:Wenn Sie früher Arbeitsplätze für 10.000 Menschen geschaffen hätten, aber dafür nur 1.000 Parkplätze eingeplant, hätte jeder gesagt: Das geht nicht! Jetzt geht das schon: Wenn in den Gebäuden ein Mobilitätskonzept integriert ist, ein Parkraummanagementsystem samt Sharing-Angeboten. Welche Dienstleistung kann ich dank Digitalisierung anbieten? Wie reduziere ich damit sogar noch den Ausstoß von CO₂? Mit solchen Qualitäten binde ich die Nutzer einer Immobilie auch langfristig. Und der beste Mieter ist der, der nicht ausziehen will.
Wissen Bauherren, was digitalisierte Gebäude leisten können?
Mathias Schatz:Das ist ein wichtiger Punkt, man muss die Möglichkeiten aufzeigen. Das kann bis auf die Ebene von Nutzerprofilen einzelner Mitarbeiter gehen – und damit zu Fragen der Datenerhebung und des Datenschutzes. In Zukunft wird trotz mancher Bedenken die Frage aufkommen, wie oft jemand auf einem Bürostuhl sitzt – um individuell optimierte Dienste anbieten zu können. Im Auto ist das schon weiter gediehen als am Arbeitsplatz: Wenn ich mich in den Pkw setzen und nicht anschnalle, piept es: Schnall dich an! Der einzelne Nutzer und sein Verhalten werden auch im Haus ein zentrales Thema.
Was muss der Architekt darüber wissen und bekommt er die Leistungen in diesem Bereich überhaupt bezahlt?
Mathias Schatz: In der HOAI gibt es eine Bedarfsplanung, aber in einer Bedarfsplanung setze ich mich nicht mit dem Nutzerverhalten auseinander. Das ist auch nicht das Thema der Architekten, obwohl es das möglicherweise sein müsste. Es braucht eine Phase davor. Wir nennen sie Anforderungsmanagement, in dem wir uns mit anderen Methodenkompetenzen, mit systemischer Beratung, mit den Nutzern der Immobilien, aber auch mit den Projektentwicklern auseinandersetzen:
Was ist eigentlich dein Ziel?
Welchen Nutzer willst oder wirst du da drin haben?
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